08.06.2022
Wien, am 8. Juni 2022. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause öffnet das Generationencafé Vollpension in der Musik und Kunst Privatuniversität, in der Johannesgasse 4A, im ersten Wiener Gemeindebezirk wieder. Alle, die sich gerne von der Oma oder dem Opa verwöhnen lassen, können ab dem 11. Juni an den Wochenenden wieder den Standort im Ersten besuchen. Das Besondere: Sechs ukrainische Senior*innen backen dort nach ihren Familienrezepten.
Integration geht durch den MagenDie Vollpension schafft seit 2015 Jobs für Senior*innen, die sich geringfügig etwas zu ihrer oft kleinen Pension dazuverdienen und dabei in Austausch mit jungen Menschen kommen. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine entstand die Idee, Arbeitsplätze für aus der Ukraine geflüchtete Senior*innen zu schaffen, um so neben finanzieller Unterstützung auch die Inklusion zu fördern.
„Wir eröffnen ab dem 11. Juni an Samstagen und Sonntagen unser, seit zwei Jahren pandemiebedingt geschlossenes, Generationencafé in der Musik- und Kunstuni im ersten Bezirk wieder. Das haben wir kurzerhand zum Anlass genommen, zehn geringfügige Arbeitsplätze für geflüchtete Senior*innen zu schaffen, sechs davon konnten wir auch schon besetzen. Die Senior*innen bereichern das Vollpension-Angebot im Generationencafé ab jetzt mit süßen und salzigen Köstlichkeiten aus ihrer Heimat und finden ein bisschen Ablenkung, Austausch und Anschluss”, sagt Moriz Piffl-Percevic, Co-Gründer der Vollpension.
Eine süße Geste: Der Vollpension TrinkgeldfondsLeider hat die Initiative der Vollpension auch einen bitteren Beigeschmack: Denn verdienen Geflüchtete mehr als 110 Euro im Monat dazu, verlieren sie ihre Grundversorgung in der Höhe von 250 Euro. Die Senior*innen können deshalb nicht so viel mitbacken, wie sie gerne möchten. Doch auch dafür haben die Gründer*innen der Vollpension einen Plan: „Eine Möglichkeit, die wir gerade überprüfen ist ein Vollpension Trinkgeldfonds. Das schaut so aus, dass alle bei uns mit den Omas aus der Ukraine solidarisch sind: Wir werden das Trinkgeld also so aufteilen, dass für unsere Kolleg*innen trotz der Restriktionen eine faire Entlohnung rauskommt. Und wie ich unsere Gäste kenne, werden sie diese Initiative noch zusätzlich unterstützen. Wir haben jetzt mehrere Wochen auf eine vernünftige Lösung für den Zuverdienst seitens der Politik gehofft, wollen jetzt aber endlich ins Tun kommen und nicht mehr länger zuwarten,“ so Julia Krenmayr, Mitgründerin des Generationencafés.
Die Geschichte von Frau Zoya: Schwierige Zeiten, neue Freund*innenDass die kleine Geste eine große menschliche Wirkung hat, beweist die Geschichte von Frau Zoya. Sie ist aus Kiew vor dem Krieg geflüchtet und jetzt Teil des Teams der Vollpension: „Der Krieg, die Flucht und die Ankunft waren und sind eine Herausforderung. Aber meine Arbeit hier in der Vollpension erleichtert mir meinen neuen Alltag. Ich habe Freund*innen gefunden, einen Ort wo ich mich wohlfühle, an dem ich die Stadt, die Kultur und die Menschen kennenlernen darf.“
8 Omas vom Dienst gesuchtNeben weiteren ukrainischen Backomas werden auch noch bis zu acht Seniorinnen-Arbeitsplätze für sogenannte Omas und Opas “vom Dienst” rund um die Wiedereröffnung geschaffen. „Wer gerne mit Jungen kommuniziert, Anschluss sucht und sich zur schmalen Pension was dazuverdienen möchte, kann sich unter
www.vollpension.wien/jobs bewerben. Gastroerfahrung ist von Vorteil aber kein Muss. Darüber hinaus kann sich Servicepersonal egal welchen Alters bewerben. „Wie vielen Gastrounternehmen fällt auch uns die Personalsuche nach der Pandemie schwerer als zuvor, zumindest bei den Jungen, wie’s scheint haben sich viele in den letzten zwei Jahren umorientiert”, so Julia Krenmayr.
Über die Vollpension
Das Wiener Sozialunternehmen Vollpension hat es sich zur Aufgabe gemacht, Senior*innen in die Mitte der Gesellschaft und mit anderen Generationen zusammen zu bringen. Die Stars der Vollpension sind dabei immer die “Omas und Opas”. Denn das ausgesprochene Ziel der Vollpension ist es, Altersarmut und Vereinsamung von älteren Menschen zu bekämpfen und Orte für mehr Generationenmiteinander zu schaffen. Einerseits geschieht das in den Vollpension Generationencafés in Wien, wo die Omas und Opas die besten Mehlspeisen nach ihren alten Familien-Rezepten für Gäste aus aller Welt backen und servieren. Das Team besteht dabei zur Hälfte aus älteren Menschen, die sich zur oft zu geringen Pension etwas dazu verdienen und in ein soziales Netz eingebettet werden. Andererseits geschieht das jetzt auch online in der ersten Online Oma-Backschule der Welt, wo Senior*innen in hochwertig produzierten On-Demand und Live-Back-Kursen ihr Profiwissen rund ums Backen weitergeben. So erobert die Oma quasi backend das Internet. Seit April 2021 sind mit dem globalen Pendant „Bake Against Poverty“ auch Senior*innen weltweit dazu eingeladen, ganz ortsunabhängig ein Teil der Vollpension zu werden. Hinter der Vollpension stehen, neben vielen unterschiedlichen Menschen, die das Social Business möglich und lebendig machen, Julia Krenmayr, Moriz Piffl-Percevic und Hannah Lux.